Unser Redebeitrag anlässlich einer Soli-Kundgebung am 25.01.2021 zur Unterstützung von Personen, die wegen Blockaden gegen den sogenannten „Marsch für das Leben“ christlicher Fundamentalist:innen vor Gericht standen: Vorwurf Nötigung -what the fuck!
Seit ca 10 Jahren kämpfen unsere Genoss:innen vom What the Fuck Bündnis jetzt schon gegen christlichen Fundamentalismus und selbsternannte Lebensschützer:innen. Der Vorwurf der Nötigung nach der Blockade im September 2019 hat uns sprachlos gemacht. Nötigung wegen einer Sitzblockade? What the fuck!
Als Nötigung gilt eine Tat, die andere durch Gewalt oder Androhung eines „empfindlichen Übels“ zu Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen zwingt. Wo genau hier die Gewalt oder das angedrohte empfindliche Übel liegt, ist uns schleierhaft. Zunächst erschien die Repression gegen die WTF-Genoss:innen wir eine einmalige Eskalation der Justiz oder die Strategie von besonders stramm rechten Staatsanwälten wie Fenner, der schon lange die linke Szene in Berlin drangsaliert und bei dem sich Nazis keine Sorgen mache müssen.
Aber scheinbar wird es nun zum neuen Justiz-Trend, Sitzblockaden mit dem Vorwurf der Nötigung zu bestrafen. Denn am 3.10.2020 wiederholte sich ähnliches. Diesmal blockierten wir, das Berliner Bündnis gegen Rechts, gemeinsam mit verschiedenen Gruppen und Einzelpersonen den „III. Weg„, eine Nazi-Kleinstpartei, der durch Berlin-Wartenberg spazieren wollte. Durch zivilen Ungehorsam wurden die Nazis daran gehindert, ihre rassistische, antisemitische und generell menschenverachtende Inhalte unwidersprochen zu verbreiten.
Die Polizei beantwortete den antifaschistischen Gegenprotest mit teils massiven Prügelattacken und boxte den Nazis den Weg frei.
Und wieder stehen wir im Repressionsregen. Und wieder hagelt es den Vorwurf der Nötigung. Zusätzlich denkt sich der bürgerliche Staat noch ein Bußgeld aus wegen angeblichen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz. Doppelt hält besser, nehmen wir an. Antifaschistischer Protest soll so teurer und unangenehmer werden – damit er letztlich unterbleibt oder lediglich gewollte – wirkungslose – Formen annimmt.
Wie also nun damit umgehen, dass antifaschistischer und feministischer Protest ab jetzt regelmäßig mit Nötigungsverfahren enden? Auch wenn diese – bis jetzt – größtenteils gegen Bußgelder eingestellt werden, führt das zu enormen Repressionskosten, Stress für einzelne Aktivist:innen und einem Haufen zusätzlicher Arbeit, die wir aber sowas von besser nutzen könnten. In diesem Sinne sind die jetzigen Verfahren auch so wichtig und entscheidend für uns alle.
Und was, wenn die Staatsanwaltschaft nun auch noch fordert sich zu entschuldigen, um eine Einstellung zu erwirken? Das ist politische Justiz, wie sie leibt und lebt. Denn wir wissen genau, was sie damit erreichen wollen. Unser politischer Protest soll entpolitisiert werden. Die Aktivist:innen sollen buckeln. Menschen sollen abgeschreckt werden, sich erneut couragiert gegen Fundamentalist:innen, Nazis oder andere reaktionäre Zeitgeister zu wehren. Es wird eine Entsolidarisierung angestrebt, weil manche Personen vielleicht sagen MÜSSEN, dass sie jetzt geläutert sind, einfach weil das Verfahren finanziell, psychisch und zukunftsbelastend sein kann. Sie wollen, dass wir uns unglaubwürdig und lächerlich machen. Aber wir werden das nicht hinnehmen!
Es tut uns nicht leid, wenn wir um das Recht auf Abtreibung, für eine gerechte Gesellschaft und gegen Verdrängung kämpfen oder uns gegen Nazis selbstbewusst zur Wehr setzen. Ihr schafft es nicht, unseren Protest zu delegitimieren und uns zu spalten! Wir stehen zusammen, als Feminist:innen, Antifaschist:innen oder Klimaaktivist:innen! Wir werden weiterhin blockieren und unsere Wut weiter auf die Straße tragen! Denn wenn wir angegriffen werden, dann antworten wir gemeinsam!