HINTERGRUNDINFORMATION: Der 7. Naziaufmarsch „Merkel muss weg“ am 09.09.2017 in Berlin-Mitte

Am 9. September 2017 fand unter dem Motto „Merkel muss weg“ erneut eine rechte Demonstration in Berlin-Mitte statt. Bereits zum siebten Mal marschierten Nazis, Rassist*innen und rechte Hooligans unter dem Motto “Merkel muss weg” durch Berlin. Waren die ersten Aufmärsche von Teilnehmendenzahlen zwischen 1.500 bis 2.500 geprägt, nahm die Teilnahme immer weiter ab und lag zuletzt zwischen 500 und 600 Nazis.

Wer sind die Teilnehmer*innen?
Während der ersten Aufmärsche war der Anteil des “bürgerlichen” Publikums noch recht hoch. Inzwischen hat sich dies geändert. Die Teilnehmenden kommen nun fast ausschließlich aus rechtsradikalen, organisierten Strukturen. Hier eine kleine Auflistung aus welchen rechten Spektren sich die Teilnehmenden der letzten Aufmärsche speisten: rechte Parteien (NPD, Die Rechte, III. Weg, Pro Deutschland, AfD), rechte Kameradschaften aus verschiedenen Bundesländern, Burschenschaften, rechte Fußballfans (Hooligans, fußballafine Rechte), Reichsbürger*innen, Identitäre Bewegung, Pegida-Ableger (Hannover, Havelland, Berlin), rassistische Bürgerinitiativen (u.a. aus Gera, Meerane, Cottbus), Islamfeinde, Putin-Fans und Vertreter*innen des rechtskonservativen Vereins der Russlanddeutschen. Bei den Demonstrationen herrscht eine aggressive und gewaltbereite Atmosphäre.

Wer sind die Organisator*innen?
Als Organisator tritt das neonazistische Label „Wir für Berlin – Wir für Deutschland“ auf. Es betreibt eine Facebook-Seite, über die auch ein Großteil der Mobilisierung läuft. Hauptakteur und Anmelder des Labels ist Enrico Stubbe. Dieser ist Beisitzer der rechtspopulistischen Partei „Pro Deutschland“, aktiv im „Bündnis Deutscher Hools“ (HogeSa-Ableger), Teilnehmer bei „Bärgida“ und er war Organisator von wöchentlichen Demonstrationen gegen Geflüchtetenunterkünfte in Marzahn (2015). „Pro Deutschland“ unterstützte auch finanziell die “Merkel muss weg”-Aufmärsche. Auf der Auftaktkundgebung im November 2016 trat auch ein Mitglied der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) als Redner auf.

Was waren die Gründe für die ersten Mobilisierungserfolge der Nazis?
Unter dem Motto „Merkel muss weg“ gelang es den Organisatorinnen zunächst verschiedene rechte Strömungen zu vereinen. Die Mobilisierung, u.a. über Facebook bediente das Bedürfnis der rassistischen Wutbürger*innen nach Bestätigung der eigenen Meinung und nach Vernetzung; der Suche nach Gleichgesinnten. So hatte die Facebookseite zu Hochzeiten über 26.000 „Gefällt mir“ Angaben.
Die Anziehungskraft Berlins als Sitz der Regierung, der „Lügenpresse“ und der „Merkel-Diktatur“ war hoch. Die bundesweite mediale Aufmerksamkeit schien garantiert. Es gab ein starkes Bedürfnis verschiedener Gruppierungen den rassistischen Protestevent aus der eigenen Provinz in die Hauptstadt zu tragen. So nahmen an den letzten Demos nur wenige Berliner*innen teil, mehr jedoch aus dem gesamten Bundesgebiet.

Welche Mobilisierung ist für den September zu erwarten?
Aktuell lässt sich die Entwicklung schwer einschätzen. Die Online-Mobilisierung ist, verglichen mit früheren Aufmärschen schwach. Nachdem die Bundeskanzlerin ihre Flüchtlingspolitik nach den Vorgaben von CSU und AfD ausrichtet, ist es für die Rechte schwerer gegen Angela Merkel zu mobilisieren. Es kann mit einer dreistelligen Teilnehmendenzahl gerechnet werden (ca. 500-700).
Jedoch: Die gesellschaftliche Stimmung ist weiter nach rechts gerückt. Die AfD normalisiert in den Parlamenten rechte Positionen und versucht durch inszenierte Skandale Rassismus und Antisemitismus gesellschaftsfähiger zu machen. Rechte Anschläge und Gewalttaten sind in den letzten Jahren stark angestiegen und bewegen sich in manchen Regionen Deutschlands in einer geflüchtetenfeindlichen und rassistischen Grundstimmung.
Der Termin für die Demonstration ist von den Nazis nicht ohne Grund in den September kurz vor die Bundestagswahl gelegt worden. Sie hoffen mit ihrem Aufmarsch den “rechten Rollback” voranzutreiben und letztendlich einen Beitrag zum Einzug der AfD in den Bundestag zu leisten.
Für uns heißt das: Entwarnung ist nicht zu geben! Zeigen wir den Nazis, dass sie nicht willkommen sind!

Was kann ich tun?
– Positioniere dich immer klar gegen rechte und rassistische Äußerungen im Alltag. Auch wenn es manchmal schwer ist, aber lass niemals rechte und rassistische Positionen unwidersprochen im Raum stehen.
– Schreib deinen Freund*innen auf Facebook, dass du es wichtig findest zu den Gegenprotesten zu gehen und dass sie auch kommen sollen.
– Mach den Naziaufmarsch bei Sitzungen, Seminaren, in Kaffeepausen oder beim Biertrinken zum Thema. Es sind die größten Naziaufmärsche in Berlin seit langem!
– Und zu Letzt: Komm zu den Gegenprotesten! Bring Schilder, Regenschirme oder andere bunte Sachen mit.

Wie ist der Stand der Gegenproteste?
Aktuell plant das „Berliner Bündnis gegen Rechts“ und seine Bündnispartner*innen mehrere Kundgebungen entlang der vermuteten Route der Nazis. Wir hoffen so, möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zu geben ihren Protest in Hör- und Sichtweite des Aufmarsches zu artikulieren.
Genaueres wird in Kürze auf unserer Homepage https://berlingegenrechts.de folgen.