Rudolf Heß – Mythos und Integrationsfigur der militanten Naziszene

Am 18. August 2018 wollten über tausend Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet und Europa den NS-Kriegsverbrecher Rudolf Hess ehren. Wer war dieser Mann und was macht ihn für Nazis aller Couleur so interessant?

Heß wurde 1894 in Alexandria (Ägypten) geboren. Er meldete sich 1914 freiwillig zum Kriegsdienst und nahm mit Begeisterung am 1. Weltkrieg teil. 1920 trat er in die NSdAP ein. 1924 war er gemeinsam mit Adolf Hitler im Landsberger Gefängnis inhaftiert. Dort soll er an Hitlers „Mein Kampf“ mitgeschrieben haben. Nach der Entlassung wurde er Hitlers persönlicher Sekretär und nach 1933 dessen Stellvertreter. Als Minister ohne Geschäftsbereich unterstand er einzig dem Befehl Hitlers. Am 10. Mai 1941 stürzte sein Flugzeug über Schottland ab und er kam in Kriegsgefangenschaft. Über den Grund des Fluges kann nur spekuliert werden. Am naheliegendsten scheint die Absicht, mit England einen Separatfrieden auszuhandeln. Das scheiterte aber kläglich, kein einziger Diplomat hat jemals mit ihm geredet.

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Mythos Hess – Zur Geschichte der Nazi-Aufmärsche

Am 18. August 2018 marschierten hunderte Neonazis in Spandau zu Ehren des NS-Kriegsverbrechers Rudolf Heß auf. Der Heldenmythos um Heß ist nicht nur geeignet, die verschiedenen Spektren der deutschen und internationalen Nazis zusammenzuführen, sondern bedient insbesondere das Bedürfnis nach Rehabilitierung und Glorifizierung des historischen Nationalsozialismus.

Die Liste der Versuche von Nazis den Nationalsozialismus zu verherrlichen ist lang und insbesondere – aber nicht nur – mit der Person Rudolf Hess verbunden. Nach der Selbsttötung von Heß im August 1987 trafen sich allabendlich bis zu 200 Nazis vor dem Gefängnis in Spandau. Nach dessen Abriss verlagerten sich die Aufmärsche nach Wunsiedel, wo Heß begraben wurde. Dort, und später aufgrund Verboten in anderen Städten, trafen sich jährlich bis zu 2000 Nazis. Polizeiliche Repression und antifaschistische Intervention brachten einen Rückgang der Teilnehmer*innenzahlen. Als das Demonstrationsverbot in Wunsiedel wieder aufgehoben wurde, erhöhte sich die Attraktivität des Naziaufmarsches. Im Jahr 2004 kamen über 4500 Nazis nach Wunsiedel.

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HINTERGRUNDINFORMATION: Rechter „Frauenmarsch auf das Kanzleramt” am 17.02.2018

Am 17. Februar 2018 ruft die AfD-Aktivistin Leyla Bilge zu einem „Marsch der Frauen” auf, der zum Kanzleramt führen soll. In ihrem Aufruf hetzt sie gegen Geflüchtete, die ihrer Meinung nach nur sexuelle Übergriffe und Morde an Frauen verüben würden, sowie gegen den Islam als Ganzes, der zu Verhüllungszwang und Zwangsverstümmelungen führe. Mit dem Marsch verbreitet sie eine rassistische Stimmung unter Frauen und versucht, die „guten“ deutschen, europäischen Frauen gegen die „bösen“ migrantischen, geflüchteten, muslimischen Männer auszuspielen. Diese Spaltung der feministischen Frauenbewegung passt ganz in das Konzept der antifeministischen Propaganda und Hetze der AfD.

Wer ist die Organisatorin?
Leyla Bilge ist 2016 der AfD beigetreten. Sie kam im Alter von sechs Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland, die hier Asyl gefunden hatten. Nach eigenen Angaben konvertierte sie zum Christentum. Seit 2017 arbeitet sie für den AfD-Bundestagsabgeordneten Ulrich Oehme, der bis zu seinem Eintritt in die AfD 2015 Mitglied der extrem rechten Partei „Die Freiheit“ war und Mitglied im Landesvorstand der AfD Sachsen ist. Leyla Bilge gilt innerhalb der AfD als „Vorzeige“-Migrantin und ist in der AfD und der neuen Rechten gut vernetzt. Sie hält regelmäßig Vorträge in ganz Deutschland, so auch bei der Konferenz der extrem rechten Zeitung Compact im November 2017. Ebenso trat sie bei der „Montagskundgebung“ des extrem Rechten Andreas Wild (AfD-Steglitz-Zehlendorf) in Berlin auf.

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HINTERGRUNDINFORMATION: Der 7. Naziaufmarsch „Merkel muss weg“ am 09.09.2017 in Berlin-Mitte

Am 9. September 2017 fand unter dem Motto „Merkel muss weg“ erneut eine rechte Demonstration in Berlin-Mitte statt. Bereits zum siebten Mal marschierten Nazis, Rassist*innen und rechte Hooligans unter dem Motto “Merkel muss weg” durch Berlin. Waren die ersten Aufmärsche von Teilnehmendenzahlen zwischen 1.500 bis 2.500 geprägt, nahm die Teilnahme immer weiter ab und lag zuletzt zwischen 500 und 600 Nazis.

Wer sind die Teilnehmer*innen?
Während der ersten Aufmärsche war der Anteil des “bürgerlichen” Publikums noch recht hoch. Inzwischen hat sich dies geändert. Die Teilnehmenden kommen nun fast ausschließlich aus rechtsradikalen, organisierten Strukturen. Hier eine kleine Auflistung aus welchen rechten Spektren sich die Teilnehmenden der letzten Aufmärsche speisten: rechte Parteien (NPD, Die Rechte, III. Weg, Pro Deutschland, AfD), rechte Kameradschaften aus verschiedenen Bundesländern, Burschenschaften, rechte Fußballfans (Hooligans, fußballafine Rechte), Reichsbürger*innen, Identitäre Bewegung, Pegida-Ableger (Hannover, Havelland, Berlin), rassistische Bürgerinitiativen (u.a. aus Gera, Meerane, Cottbus), Islamfeinde, Putin-Fans und Vertreter*innen des rechtskonservativen Vereins der Russlanddeutschen. Bei den Demonstrationen herrscht eine aggressive und gewaltbereite Atmosphäre.

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Christian Häger & das Aktionsbüro Mittelrhein – Hintergrund zum Anmelder des “Rudolf-Heß-Gedenkmarsches” am 19.08. in Spandau

Am 19. August 2017 wollen hunderte Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet und Europa den NS-Kriegsverbrecher Rudolf Hess ehren. Wer ist der Anmelder der NS-verherrlichenden Demonstration? Woher kommt er?

Anmelder ist Christian Häger. Dieser war ehemaliger Kader und Chef des “Aktionsbüro Mittelrhein” (ABM) sowie des “Braunen Hauses” in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Der Name des Hauses war eine Anlehnung an die frühere NSDAP-Zentrale in München. Häger und seine Anhänger des ABM organisierten Neonazi-Aktivitäten im Norden von Rheinland-Pfalz. Politisches Ziel war für das ABM und Häger die Exekutierung aller Antifaschist*innen und den Aufbau eines nationalsozialistischen Staates nach historischem Vorbild.

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HINTERGRUNDINFORMATION: Identitäre Bewegung Berlin

Die Hintergrundinformation soll Informationen rund um die Gruppierung liefern und gliedert sich in Ursprung, Theoretische Eckpfeiler, Organisierung in Berlin und Antifeminismus als Ideologie.

Ursprung

Die Identitäre Bewegung (IB) ist eine Gruppierung mit Ablegern in mehreren europäischen Ländern. Als Vorbild gilt unter anderem die neofaschistische Organisation CasaPound aus Italien, an deren Ideologie und Strategien sich die identitären Gruppierungen in ganz Europa orientieren. Ihren Ursprung hat die IB aber in Frankreich: am 20. Oktober 2012 besetzte die Gruppe Génération Identitaire (GI) das Dach einer Moschee in Poitiers. Dabei entrollten sie ein Banner mit der Jahreszahl 732 und dem griechischen Großbuchstaben Lambda. Diese Aktion gilt als Auftakt und Blaupause für alle weiteren Gruppen der IB, die danach aktiv wurden.

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HINTERGRUNDINFORMATION: Der Naziaufmarsch „Merkel muss weg“ am 04.03.2017 in Berlin-Mitte

Am 04.03.2017 findet unter dem Motto „Merkel muss weg“ erneut eine rechte Demonstration in Berlin-Mitte statt. Bereits viermal konnten Nazis, Rassist*innen und rechte Hooligans durch Berlin marschieren. Waren die ersten drei Aufmärsche von Teilnehmendenzahlen von 2.500 bis 1.500 geprägt und müssen so als rechte Großdemonstrationen gewertet werden, nahm die Teilnahme an dem vierten Aufmarsch ab und lag zwischen 500 und 600 Rechten. Das mindert keineswegs die Gefahr, denn es versammelte sich ein „harter“ Kern von verschiedensten rechten Szenen. Dieses Zusammenkommen und die daraus entstehende Vernetzung ist eine ernstzunehmende Gefahr! Auch Anfang März muss mit einer ähnlichen Teilnehmendenzahl gerechnet werden.

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Background information: Nazi Demonstration „Merkel muss weg“ on the 5th of November 2016 in Berlin-Mitte

On the 5th of November, another right wing mass rally with the slogan „Merkel muss weg“ („Merkel has to go“) will take place in Berlin-Mitte. Nazis, Racists and right-wing hooligans have been able to march through Berlin three times already under this banner. Even though the number of participants decreased in every subsequent demonstration, those with 1500 participants or more have to be evaluated as right-wing mass rallies. The starting point of the upcoming rally will once again be the central station (Washingtonplatz).

Who are the participants?
The participants are mainly members of organized right-wing structures. The right-wingers participating in these rallies come from different spectra: Neonazi-comradeships from Lower Saxony, Mecklenburg and Saxony-Anhalt, right-wing extremist parties like NPD, Die Rechte and Der III Weg, right-wing hooligans, other soccer-oriented right, Reichsbürger, the Identitäre Bewegung, right-wing populists of Pro Deutschland, Pegida branches from Hannover and the Havelland, Putin fans, and members of the conservative right-wing Verein der Russlanddeutschen, Islamfeinde and members of the Patriotische Plattform der AfD. Non-organized right-wing sympathizers are also attracted by the „Merkel has to go“ demonstration.
At the previous rallies the atmosphere was aggressive and violent. Many participants carried pepper spray and similar items, demonstrating their violent intentions. Journalists were attacked and slogans like “Lügenpresse” (lying press) were chanted. Counter-demonstrators were insulted and one member of parliament was punched in the stomach. (mehr …)

HINTERGRUNDINFORMATION: Der Naziaufmarsch „Merkel muss weg“ am 05.11.2016 in Berlin-Mitte

Am 5.11. findet unter dem Motto „Merkel muss weg“ erneut eine rechte Großdemonstration in Berlin-Mitte statt. Bereits dreimal konnten Nazis, Rassist*innen und rechte Hooligans durch Berlin marschieren. Trotz leicht abnehmender Teilnehmendenzahl müssen die Demonstrationen mit zuletzt 1500 Teilnehmer*innen als rechte Großdemonstrationen gewertet werden. Startpunkt bei den Nazis wird auch diesmal der Hauptbahnhof (Washingtonplatz) sein.

Wer sind die Teilnehmer*innen?
Die Teilnehmenden kommen zum größten Teil aus organisierten rechten Strukturen. An den Aufmärschen nehmen Rechte aus verschiedenen Spektren teil: Neonazi-Kameradschaften aus Niedersachsen, Mecklenburg und Sachsen-Anhalt, rechtsradikale Parteien wie die NPD, Die Rechte und der III.Weg, rechte Hooligans, andere Fußball-Affine Rechte, Reichsbürger, die Identitäre Bewegung, Rechtspopulisten von Pro Deutschland, Pegida Ableger aus Hannover und dem Havelland, Putin Fans und Vertreter des rechtskonservativen Vereins der Russlanddeutschen, Islamfeinde und Vertreter*innen von der Patriotische Plattform der AfD. Aber auch nicht-organisierte Rechte ziehen die „Merkel muss weg“ Demonstrationen an.
Es herrschte eine aggressive und gewaltbereite Atmosphäre. Bei vielen Teilnehmer*innen wurden Pfefferspray u.a. festgestellt, was schon auf „Kampfbereitschaft“ schließen lässt. Am Rande der Demonstrationen wurden Journalist*innen angegriffen, es wurden Sprüche wie „Lügenpresse“ skandiert. Gegendemonstrant*innen wurden beschimpft und ein Abgeordneter in den Bauch geschlagen.

Wer sind die Organisator*innen?
Als Organisator tritt das neonazistische Label „Wir für Berlin – Wir für Deutschland“ auf. Es betreibt eine Facebook-Seite, über die auch ein Großteil der Mobilisierung läuft. Hauptakteur und Anmelder des Labels ist Enrico Stubbe. Stubbe ist Beisitzer der rechtspopulistischen Partei „Pro Deutschland“, aktiv im „Bündnis Deutscher Hools“ (HogeSa-Ableger), Teilnehmer bei „Bärgida“ und er war Organisator von wöchentlichen Demonstrationen gegen Geflüchtetenunterkünfte in Marzahn (2015). „Pro Deutschland“ unterstützte auch finanziell die Demonstration. Inwiefern es Verbindungen der Organisator*innen zur rechten Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) gibt, ist aktuell unklar. (mehr …)